Die Herkunft der Hemerocallis/Taglilien

Taglilien sind robuste, mehrjährige winterharte Gartenpflanzen mit fleischigen Wurzelstöcken und gehören somit zu den Stauden. Ihr lateinischer bzw botanischer Name lautet Hemerocallis. Ein Wildvorkommen von Taglilien gibt es nur in Asien. Von ihnen gibt es dort in etwa 20 Arten (Wildformen). Man findet sie vorwiegend in den Blütenfarben gelb oder orange. Der Blütezeitpunkt liegt bei den meisten in den Sommermonaten Juli und August einige Arten blühen bereits im Mai und Juni. Die eine oder andere Wildform ist sicherlich auch den meisten hiesigen Gartenbesitzern bekannt.

Vielen Gartenbesitzern ist aber wahrscheinlich weniger bekannt, dass es eine Unmenge ganz verschiedener, gärtnerischer Züchtungen oder sogenannte Sorten gibt, die auch Hybriden oder Bastarde werden. Dieses sind häufig mischerbige Sorten, die schon aus der Kreuzung von zwei verschiedenen Arten (Wildformen) entstehen können. Saatgut von solchen Hybriden bringt keine uniformen (einheitlichen) Nachkommen mehr hervor. Alle Nachkommen sind voneinander verschieden und genau durch diese unterschiedlichen Erscheinugsbilder der Einzelindividuen wird Züchtung in ihrer Vielfalt erst möglich. Durch fortwährende Kreuzungen mit diesen mischerbigen Sorten sind vielfältige und atemberaubende Blütenformen, -farben und Farbkombinationen hervorgegangen, die so von Natur aus gar nicht vorkommen. Diese neuen Farben und Formen sind größtenteils in den letzten einhundert Jahren anfänglich durch Selektionen (das ist eine Auswahl von Sämlingen mit von der Norm abweichenden Merkmalen) und später durch gezielte Kreuzungen in den USA entstanden. Die Zahl der weltweit registrierten Sorten beträgt mehr als 95000. Dies kommt, soweit ich weiß, bei keiner anderen Gattung vor.

Züchtungen werden offiziell nur dann zu Sorten ernannt, wenn sie den Vorschriften entsprechend bei der Registrierungsstelle der AHS (American Hemerocallis Society, AHS Web Site: http://www.daylilies.org) von ihren Züchtern angemeldet werden.

Komplexere Sorten, die aus Hybriden oder gar der Kreuzung von Hybriden mit Hybriden hervorgegangen sind, kann man „sortenecht“ (d.h. in ihrem Erscheinungsbild einheitlich) nur bekommen, wenn man sie vegetativ, in diesem Fall durch Teilung, weiter vermehrt. Vegetativ, also ungeschlechtlich zu vermehrende Sorten, bezeichnet man als Klon oder Klonsorten. Sämlinge von Sorten entsprechen nicht mehr dem Original, sondern sind farblich oft ganz verschieden von ihrer Mutter und häufig auch in vielen Merkmalen minderwertiger als diese. Deshalb dürfen Sämlinge nicht unter dem Sortennamen ihrer Ausgangspflanze in Umlauf gebracht werden. Um eine Klonsorte irgendwann einmal verkaufen zu können, bedarf es vorher einer Anpflanzung von vielen Pflanzen dieser Sorte. Dieser Bestand ist nötig, um hiervon später Pflanzen zum Verkauf abzunehmen. Pflanzen, die dem Zweck der Vermehrung dienen, nennt man „Mutterpflanzen“. Sie sind gleichwohl das Kapital des Gärtners oder Anbieters von Sorten.

Wie so oft, so bestimmen auch hier das Angebot (das Vorhandensein der Menge an Pflanzen einer Sorte) und die Nachfrage seitens der Kunden den Preis. Neu eingeführte Sorten sind meist in viel geringeren Stückzahlen für den Verkauf vorhanden als Sorten, die schon älter sind und somit über die Jahre viel mehr Zuwachs machen konnten. In den USA, das als „das Mekka der Taglilien“ gilt und in dem es viele Züchter und Liebhaber dieser Gattung gibt, werden jährlich neue Sorten eingeführt. Einzelne Fächer (kleinstes, blühfähiges Teilstück einer Pflanze) von neuen Sorten können dort von 100,- bis 300.- Dollar kosten. Bis von solchen hochpreisigen Sorten dann einmal soviele Pflanzen vorhanden sind, dass sie zu Standardsorten werden und für 10,- oder 5,- Dollar bzw. Euro in den Angeboten erscheinen, vergehen in der Regel 10-15 Jahre.

In neuerer Zeit vergeben immer mehr Züchter, Anbauer und Anbieter von Klonsorten, speziell auch Taglilien, den Auftrag an Labore, ihre Sorten zu vermehren. Die Labore sind darauf spezialisiert, aus Gewebe bzw Zellklumpen, das man gewöhnlich bei Taglilien den Terminalknospen entnimmt, schnell eine große Menge an Pflanzen zu produzieren. Die Auftraggeber haben damit ihre Wartezeit auf einen entsprechend größeren Pflanzenbestand drastisch verkürzt. Auf diese Art vermehrte Sorten können bedeutend schneller und häufig auch günstiger auf den Markt gebracht werden.

Sorten, die jedoch langsam wachsen oder niemals ins Labor gegeben worden sind, haben oft nach Jahren noch einen hohen Preis.

Bei bei der Laborvermehrung kann es zu Qualitätsschwankungen kommen. Es entstehen durchaus Pflanzen, bei denen zumindest rein optisch nicht der geringste Unterschied zum Original zu sehen ist. Es gibt jedoch auch z.B. den Fall der Sorte ‚El Desperado‘, von der sieben unterschiedliche Typen im Umlauf sind. Einige hiervon sind wüchsig, andere nicht so, einige mit Rand, andere ohne usw. An dieser Stelle sollte der Auftraggeber als Kontrollorgan wirken und die aus dem Labor erhaltenen Pflanzen auf Uniformität mit dem Original überprüfen, bevor er sie in den Handel gibt.

Den gravierendsten Unterschied habe ich persönlich bei der Sorte ‚Sabine Baur‘ festgestellt. Fast sämtliche Laborpflanzen dieser Sorte, die ich bis dato im Europa-Angebot gesehen habe, waren schwach-wüchsig, anfälliger für Winterfäulnis und im Erscheinungsbild der Blüte dem Original weit unterlegen. Das Auge (die dunklere Partie in der Mitte der Blütenblätter) war teilweise wesentlich kleiner und die Randfarbe, die ansonsten fast so erscheint als würde sie vor Üppigkeit vom Rand abtropfen, war bei den Laborpflanzen nur noch als ein normaler Rand zu sehen.

In dem speziellen Fall ‚Sabine Baur‘ empfehle ich immer nach der teureren Originalpflanze Ausschau zu halten. Es lohnt sich.

Für Interessierte, die tiefer in die Materie der Taglilien eintauchen möchten, empfehle ich z.B. folgende Bücher:

Vorzügliche Taglilien-Bücher mit vielen bzw. guten Fotos sind:

§ Mit mehr als 1000 Farbfotos:

„The Color Encyclopedia Of Daylilies“ von Ted L. Petit & John H. Peat;
Verlag Timber Press; ISBN 0-88192-488-1

§ Mit guten Farbfotos von älteren aber auch erschwinglichen Sorten:

„Hemerocallis – The Daylily“ von R. W. Munson;
Verlag Timber Press; ISBN 0-88192-427-X

§ Mit guten Farbfotos von älteren, aber auch preiswerten Sorten:

„Daylilies for the Garden“ von Graeme Grosvenor;
Verlag Timber Press; ISBN 0-88192-427-X

§ Mit sehr vielen Fotos und Beschreibungen von mehr als 1700 aktuelleren Sorten

„The new Encyclopedia of Daylilies“ von Ted L. Petit und John P.Peat
Verlag Timber Press; ISBN -13: 978-0-88192-858-7

§ Mit teilweise sehr guter Beschreibung der Wildformen (Arten)m deren Geschichte und deren Bedeutung für die Züchtung

„Hemerocallis/Taglilien“ von Walter Erhardt
Verlag Ulmer; ISBN 3-8001-6358-6